Fast erübrigt sich, das Arditti Quartet vorzustellen. Seit Jahrzehnten stehen die „Ardittis“ auf vorderstem Platz der Streichquartette für neue Musik und haben Hunderte neuer Werke aus der Taufe gehoben. Aber die Zusammenarbeit mit einer jungen, wilden Künstlerin des Typs „Composer Performer“ wie Jennifer Walshe in EVERYTHING IS IMPORTANT, das ist ein neuer Schritt. Unerhört, dass neben Walshe, die ihren Part während des gesamten Stücks mit voller Kraft voraus performt, gegen Ende der Cellist des Quartetts ebenfalls als „Acting Performer“ vorgesehen ist. In diesem großen, 40-minütigen Stück für Vokalperformer, Film und verstärktes Streichquartett verschmelzen disparate Elemente und Themen wie soziale Ungleichheit, Klimawandel, Technologie, Weltraum zu einem Strudel visueller und musikalischer Aktionen, atemlos, atemberaubend, und doch mit einem kräftigen Schuss Ironie. Wird nicht in der Ära digitaler Informationsüberflutung alles gleich wichtig?
Der amerikanisch-norwegische Komponist Evan Gardner eröffnet den Abend mit einer neuen Seite aus dem „Oxford Concise Dictionary of Music“, deren Einträge ihm als Vorlage für die Umsetzung in eine komplexe musikalische Artikulation dienen. Die Seiten 700 und 741 hat er schon vertont. Die vollständige Vertonung des Lexikons bleibt Utopie.
Olga Neuwirths 3. Streichquartett in the realms of the unreal ist eine Hommage an den erst nach seinem Tod entdeckten Außenseiter-Künstler und Schriftsteller Henry Darger (1892-1973), der ein riesiges Manuskript mit 15.000 Seiten und Hunderten von Zeichnungen und Aquarellen hinterließ. Ähnlich wie das Werk des Künstlers arbeitet Neuwirth mit zerrissenen, stark kontrastierenden und fragmentierten Texturen.