„Ein-, zwei- oder dreizylindrige alte Traktoren aus den 50ern und 60ern, gespielt von ihren bäuerlichen Besitzern“ schreibt die Partitur des „Konzerts für Traktoren“ vor, das Sven-Åke Johansson erstmals 1966 in der Denkmalschmiede Kaditzsch auf dem Lande bei Leipzig unter seinem Dirigat aufführte. Ob Deutz, ob Famulus, ob Porsche, ob Steyr – immer wieder kommt es darauf an, vor Ort im direkten Kontakt mit den Landwirten die wohlklingendsten Veteranen in ihren verblassten, typischen Farben aufzuspüren. Das doppelchörig angelegte Ensemblestück gibt mit solistischen Passagen und antiphonalem Wechselgesang den alten Maschinen eine klangliche und gegenständliche Präsenz zurück, in der landschaftliche Ort und die Geschichte ihrer Nutzung ebenso wie die ihrer Nutzer poetisch aufgehoben ist.
Das Eröffnungskonzert des KLANGSPUREN-Jubiläums fokussiert das diesjährige Leitthema „Neue Musik und romantisches Erbe“. Im Mittelpunkt steht die Uraufführung des neuen Werks für Violoncello und Orchester von Carola Bauckholt, ein mithilfe der Ernst von Siemens Musikstiftung vergebener Auftrag des Kompositionswettbewerbes „Wär ich ein Ton. Jean Paul 2013“ aus Anlass des 250. Geburtstages des hochmusikalischen Dichters. Die Uraufführung ist umgeben von drei Werken, die sich sämtlich als Hommagen auf bestimmte Werke der Romantik bzw. Vor-Romantik beziehen. Am Anfang erklingt „Paraphrase über den Anfang der 9. Symphonie von Beethoven“ von Friedrich Cerha, in der die Anfangsmotive aus der Neunten bis zur Unkenntlichkeit variiert werden. Dieter Schnebels „Schubert-Phantasie“ gehört in den Kreis seiner „Re-Visionen“, subjektive Bearbeitungen von Werken Bachs, Weberns, Beethovens, Wagners, Schuberts – und in einer späteren Gruppe der „Momente“ – Verdis, Schumanns, Mozarts und Mahlers. Zugrunde liegt der erste Satz der späten G-Dur Klaviersonate, der wie hinter einem Vorhang – Schnebel nennt diese eigenständige Schicht von Streicherklängen „Blendwerk“ – in einer analytischen Instrumentation für Orchester erklingt. „Sieben Fragmente – in memoriam Robert Schumann“ von Aribert Reimann stehen am Schluss. Ihnen zugrunde liegen „Fünf Klavier-Variationen in Es-Dur“, Schumanns letztes Werk vor seiner Einweisung in die Heilanstalt Endenich 1854. Diese sogenannten „Geister-Variationen“ tauchen an verschiedenen Stellen des Programm von KLANGSPUREN 2013 geisterhaft wieder auf: in der Uraufführung „Von innen & außen und darüber hinaus“ von Benedikt Hayoz und in dem Musiktheater „Schau lange in den dunklen Himmel“ mit der Musicbanda Franui.